Unfallflucht

Unfallflucht

"Am bittersten bereuen wir die Fehler, die wir am leichtesten vermieden hätten." Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1916)

Eigentlich wissen es alle: "Fahrerflucht", "Unfallflucht" oder juristisch korrekt „unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“ wird strafrechtlich verfolgt, wenn man sich als Beteiligter nach einem Unfall vom Unfallort entfernt, ohne zumindest sogleich mit dem Unfallgegner die Personalien ausgetauscht oder eine angemessene Zeit am Unfallort gewartet zu haben. Aber auch wer gewartet hat und weiterfährt, muss den Unfall dann unverzüglich melden.

Der Unfall wird meist als Bagatelle abgetan und der Schaden als gering eingestuft. Die folgende Höherstufung wird als lästig oder belastend empfunden.

Diese Sichtweise ist nicht nur aus Sicht desGeschädigten sehr unfair, sie ist auch sehr riskant, da Fahrerflucht auch in diesen Fällen hart bestraft wird: Neben einer Geldstrafe verliert man den Schutz der Haftpflichtversicherung. Die Versicherung zahlt zwar den Schaden, nimmt aber bis zu 2.500 € (in gravierenden Fällen sogar bis 5.000 €) Regress. Man bezahlt also letzten Endes den angerichteten Schaden ohnehin selbst. Liegt der verursachte Schaden 1300 €, liegt ein „bedeutender Schaden“ vor: Dann droht sogar der Entzug der Fahrerlaubnis. Die Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis liegt bei mindestens 6 Monaten, in der Praxis aber zwischen 9-12 Monaten.

Wichtig: Fahrerflucht wird nicht nur von Autofahrern, sondern von allen Verkehrsteilnehmern begangen, die Beteiligte eines Unfalls sein können; also auch Radfahrern, Fußgängern und Skatern… Es kann sich also nicht nur der eigentliche Verursacher, sondern auch der beteiligte "Geschädigte" unerlaubt entfernen.

Häufig geben Unfallverursacher an, den Unfall nicht bemerkt zu haben. Zu diesem Thema gibt es heutzutage reichhaltige Untersuchungen und Fachliteratur.

So steht fest, dass unter bestimmten Umständen Aufprallgeräusche im getroffenen Fahrzeug und von Passanten lauter gehört werden, als vom Unfallverursacher. Von Schwerhörigkeit über Anstoßkonstellation bis zum Hören lauter Musik gibt es diverse wissenschaftlich anerkannten Gründe, als Unfallverursacher einen Unfall nicht wahrzunehmen.

Manche Gründe können jedoch Zweifel an der generellen Fahreignung aufkommen lassen.  Daher empfiehlt sich dringend, vor einer Aussage bzw. Stellungnahme zum Vorwurf der Fahrerflucht den Fachwanwalt zu konsultieren und erst die Akteneinsicht abzuwarten.

Wer sich nach dem ersten Schrecken unerlaubt vom Unfallort entfernt hat, kann noch auf Strafmilderung, im günstigsten Fall sogar auf Straffreiheit hoffen, wenn er sich in „tätiger Reue“ binnen 24 Stunden freiwillig selbst anzeigt. Ermittelt die Polizei allerdings auf Grund einer Anzeige, besteht diese Möglichkeit jedoch nicht mehr. Auch diesbezüglich sollte eine anwaltliche Beratung erfolgen. Auch hilft es wenig, wenn sich ein reuiger Fahrer bei der Polizei meldet, Passanten jedoch zum Zeitpunkt des Unfalls eine Dame am Steuer gesehen haben.

Die juristischen Folgen einer Unfallflucht hängen im Einzelfall von der Höhe des Schadens ab. Unterschieden werden:

- der Bagatellschaden (bis max. 150 Euro), hier ist nicht von einer strafbaren Handlung auszugehen. Konnte ein Beschuldigter (glaubhaft) von einem Bagatellschaden ausgehen, wird in der Regel auf eine Bestrafung verzichtet. 

- der (normale) Fremdschaden (ca.150 bis 1300 Euro), hier droht eine Geldstrafe, aber oft wird zu Unrecht die Fahrerlaubnis entzogen.

-  der „bedeutende“ Fremdschaden ab 1300 Euro. Es lohnt sich im Zweifelsfall die Schadenshöhe von einem Sachverständigen beurteilen zu lassen, da vom Erreichen der „Bedeutsamkeits-Grenze“ der Entzug der Fahrerlaubnis abhängt.

Es muss jedoch davor gewarnt werden, sich auf diese Einteilung zu verlassen.
Aus verschiedenen Gründen ist natürlich auch die „Unfallbedingtheit“ eines Fremdschadens von großer Bedeutung. Oft kann auch sie nur mit Hilfe des Sachverständigen ermittelt werden. Neben dem Strafmaß hängt schließlich der finanzielle Schaden, den der Verursacher tragen muss, von den dem Unfall zugeschriebenen Schäden ab.

Anlässe, einen Gutachter zu beauftragen, können sein:

- Uraltfahrzeug oder offensichtlicher Verdacht auf Vorschäden

- Abzüge „neu für alt“

- wirtschaftlicher Totalschaden

- Abzug von Vorschäden, überhöhte Kostenvoranschläge oder zu große Schadenseinschätzung im Gutachten, das der Geschädigte vorlegt.

Die Rechtsschutzversicherung übernimmt die Kosten für die anwaltliche Vertretung nur im Falle der Einstellung des Verfahrens.

 

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